Vom 14. bis 20. April 2024 besuchte eine 18-köpfige Delegation aus den USA Bonn, Düsseldorf, Dortmund und Köln im Rahmen der internationalen Bildungsstudie der Pennsylvania School Boards Association’s (PSBA) um Schulvorstandsmitgliedern und Schulleitern aus dem Bundesstaat einen Einblick in das deutsche Bildungssystem zu geben. Dabei wurden dessen Funktionsweise, Erfolgsmechanismen, Finanzierung und vieles mehr erläutert. Ziel des Projekts ist es, Ideen für die Anpassung und Umsetzung deutscher Praktiken zu sammeln und Empfehlungen für Veränderungen zu entwickeln, die die Schulbezirke in Pennsylvania vornehmen könnten, um den akademischen Erfolg, die Betriebsabläufe, die Ausstattung und die Schulgemeinschaft deutlich zu verbessern. Die Delegationsmitglieder vertraten ländliche und städtische Schulbezirke aus ganz Pennsylvania.
Zunächst traf die Delegation in Bonn mit Vertretern des Bundesministeriums für Bildung und Forschung / German Ministry of Education and Research zusammen, um einen Überblick über das Bundesbildungsministerium zu erhalten und dessen Rolle und Zuständigkeiten, aktuelle Trends im deutschen Bildungssystem, Herausforderungen und Innovationsfelder zu diskutieren. Es wurde sich darüber ausgetauscht, wie die Qualität und Leistung von Schulen gemessen wird und welche Art von Unterstützung das Ministerium zur Verfügung stellt, um Bildungsinitiativen zu fördern. Die Gruppe erfuhr mehr über das Programm StartChancen, eine neue Bundesinitiative mit einem Volumen von 20 Milliarden Euro, welche über 10 Jahre läuft, auf die sich Bund und Länder geeinigt haben, um den Bildungserfolg von der sozialen Herkunft zu entkoppeln, um so für mehr Chancengleichheit zu sorgen. Rund 4.000 Schulen in Deutschland werden im Rahmen dieser Initiative zu „Start-Up Schulen“, die sich mit drei Programmsäulen auf die Stärkung von Basiskompetenzen konzentrieren: Investitionen in moderne und förderliche Lernumgebungen, Chancenbudgets für bedarfsgerechte Lösungen in der Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie Mitarbeiter zur Stärkung multiprofessioneller Teams. Am Nachmittag informierte ein Vertreter der Ständigen Konferenz der Kultusminister der Länder in der Bundesrepublik Deutschland (KMK) / Standing Converence of the Ministers of Education and Cultural Affairs of the Länder in the Federal Republic of Germany darüber, wie die KMK die Bildungspolitik zwischen dem Bund und den sechzehn deutschen Bundesländern koordiniert. Darüber hinaus erhielt die Delegation Informationen über Austauschmöglichkeiten für Lehrer, Assistenzlehrer und Schüler zwischen Deutschland und den USA.
Bevor die Delegation am zweiten Tag Bonn wieder verließ, besuchte sie die Grundschule Finkenhof / Elementary School Finkenhof und das BONNEUM Beuel, um mehr über das pädagogische Netzwerk von Lernwerkstätten in Bonn zu erfahren, das naturwissenschaftliches und digitales Lernen in innovativen didaktischen Formaten für Kinder im Kindergarten-, Grundschul- und Sekundarschulalter fördert. Die Ziele von BONNEUM sind Kindern und Jugendlichen selbstbestimmtes und eigenverantwortliches Lernen in attraktiven, multifunktionalen Lernwerkstätten zu ermöglichen, kompetente Lernbegleiter zu qualifizieren, die die Idee der Lernwerkstattarbeit in ihre Schulen tragen und so zur Verbreitung einer innovativen Lernkultur beitragen, sowie Werkstätten in den Regionen und an den beiden zentralen Standorten (Medienzentrum, MINT-Lernwerkstatt) zu entwickeln und anderen interessierten Pädagogen anzubieten. An der Marie-Kahle-Gesamtschule / Marie-Kahle Comprehensive School in Bonn erläuterte die Schulleiterin das Gesamtschulmodell in Nordrhein-Westfalen und seine Vorteile gegenüber dem traditionellen deutschen Schulsystem, das die Schüler nach der vierten Klasse auf verschiedene Schulen verteilt. Die Delegation war sehr beeindruckt von der Führungsstärke, dem Engagement und der Leidenschaft, mit der die Lehrkräfte und die Schulleitung ihren Schülern eine qualitativ hochwertige und chancengerechte Bildung bieten.
Bei einem ausführlichen Gespräch im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen / Ministry of Education for the State of North-Rhine Westphalia in Düsseldorf erfuhr die Delegation mehr über die Zuständigkeiten des Schulministeriums im Bereich der Schulaufsicht. Weitere Themen waren die Bildungsfinanzierung, die digitale Strategie für Schulen in Nordrhein-Westfalen – Lehren und Lernen in der digitalen Welt sowie der Rahmen für KI-Systeme und Medienkompetenz des Landes, die Lehrpläne für Grundschulen und die Bestrebungen, alternative Formen der Leistungsüberprüfung für Schulen zu entwickeln. Damit wurde der Grundstein für eine weitere Zusammenarbeit und einen Austausch zwischen Nordrhein-Westfalen und Pennsylvania gelegt.
Die Delegation verbrachte zwei intensive Tage mit Treffen und Besichtigungen in Dortmund. Den Auftakt bildete ein Gespräch in der Dortmunder Schulverwaltung / Dortmund School Administration, um ein besseres Verständnis für die Struktur der kommunalen Schulverwaltungen und deren Zuständigkeiten im deutschen Bildungssystem zu erhalten. Während die meisten Zuständigkeiten für die Bildungspolitik auf Landesebene liegen, sind die Kommunen für die Infrastruktur und die Sicherstellung der Ressourcen zur Umsetzung von Maßnahmen verantwortlich. Zu den aktuellen Herausforderungen gehören, ähnlich wie in den USA, die Integration von Migranten, Digitalisierungsbestrebungen, Lehrermangel und ausreichende Finanzmittel, um neue Schulen zu bauen und Schulgebäude für den Unterricht im 21. Jahrhundert. Am Stadtgymnasium Dortmund / Dortmund Grammar High School hatten die Delegationsmitglieder die Gelegenheit, mit Schülern und Lehrern sich auszutauschen, um mehr über die Bemühungen zur Digitalisierung der Schule und den Fokus auf die Integration der Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen (SDGs) in den Lehrplan zu erfahren. Alle waren sehr beeindruckt von der Energie und dem Engagement der Lehrer sowie von den erstaunlichen Englischkenntnissen der 10- bis 17-jährigen Schüler, die Informationen über verschiedene Aktivitäten an der Schule präsentierten. Die Leiter des Zentrums für schulpraktische Lehrerausbildung / Center for Practical Teacher Training, eines von mehreren Zentren in Deutschland, die für die schulpraktische Ausbildung von Lehrkräften nach der ersten Phase der Lehrerausbildung an deutschen Universitäten zuständig sind, erläuterten ihre Arbeit und Herausforderungen. Während des Besuchs hatte die PSBA-Delegation die Gelegenheit, an Unterrichtsstunden von Lehrern teilzunehmen, die auf die Ausbildung von Auszubildenden an berufsbildenden Schulen vorbereitet werden. Viele der angehenden Lehrkräfte hatten zuvor in der Industrie gearbeitet und beschlossen, ihrem „inneren Ruf“ zu folgen, Pädagogen zu werden und die nächste Generation auf die Zukunft vorzubereiten.
Am zweiten Tag in Dortmund besuchte die Gruppe die Droste-Hülshoff-Realschule (Intermediate Secondary School), um mehr über das Engagement der Schule für die Integration von Schülern mit besonderen Bedürfnissen unter dem Motto „Jeder Mensch ist ein Wunder“ zu erfahren. Geführt von Studienführer, nahmen die Delegationsmitglieder am Unterricht in den Fächern Englisch, Mathematik, Naturwissenschaften und Sozialkunde teil. Die Schüler der Schule zeigten der Delegation auch ihr Holocaustprojekt, das sie in Eigeninitiative entwickelt haben, um junge Menschen über die Verbrechen des Naziregimes aufzuklären und uns alle daran zu erinnern, niemals zu vergessen. Im KITZ.do / Dortmund Children and Youth Technology Center, einer gemeinnützigen Bildungseinrichtung, die sich auf MINT-Themen spezialisiert hat, besichtigte die Delegation die Lernwerkstätten, die von Schulen und Eltern genutzt werden, um Kinder für MINT-Fächer zu begeistern. Die Kinder können dort Chemie, Bauhandwerk, 3D-Druck, IT und viele andere Themen kennenlernen. Das Zentrum hat jährlich mehr als 10.000 Besucher und bietet neben den Lernwerkstätten eine Vielzahl von Aktivitäten wie Wissenschaftswettbewerbe, Experimentierkästen für zu Hause und einen offenen Maker-Space. Der Besuch in Dortmund endete mit einem Treffen im Robert Bosch Berufskolleg Dortmund / Robert Bosch Vocational School, um die Rolle der Berufsschule zu verstehen, die die theoretische Ausbildung im Rahmen des deutschen dualen Ausbildungssystems anbietet. Die Schule konzentriert sich auf technische Bereiche wie Elektrotechnik, Automatisierungstechnik, Medizintechnik und Informatik. Während der Ausbildung verbringt der Auszubildende 30 % der Zeit in der Berufsschule für die theoretische Ausbildung und 70 % der Zeit bei einem Arbeitgeber, wo er ein geringes Gehalt erhält und praktische Erfahrungen im Produktionsprozess sammelt.
Zum Abschluss der ereignisreichen Woche in Deutschland besuchte die Delegation ein mittelständisches Unternehmen, um mehr über die Ausbildung von Lehrlingen zu erfahren, und die Universität zu Köln, um mehr über die Lehrerausbildung zu lernen. Bei der Firma FOGTEC Brandschutz diskutierten die Vertreter darüber, warum so viele deutsche Unternehmen in das duale Ausbildungssystem investieren, das jungen Deutschen im Alter von 16 bis 20 Jahren eine praktische Ausbildung in mehr als 325 anerkannten Berufen bietet. FOGTEC bildet in acht Berufen aus und sieht in diesem Programm einen wichtigen Baustein, um qualifizierte Arbeitskräfte für die Zukunft des Unternehmens zu finden. Kollegen der Industrie- und Handelskammer zu Köln / Chamber of Industry and Commerce nahmen an dem Treffen teil, um die wichtige Rolle der Kammern bei der Überwachung und Koordinierung des Ausbildungssystems zu erläutern. Die Gruppe hatte auch die Gelegenheit, die Produktionsstätten zu besichtigen, um zu sehen, wie die innovativen Sprinkleranlagen von FOGTEC hergestellt werden. Im Zentrum für Lehrerbildung (ZfL) der Universität zu Köln diskutierte die Gruppe mit acht Verwaltungsmitarbeitern und Dozenten über die Struktur der Lehrerbildung in Deutschland und die Herausforderungen bei der Reform des Bildungssystems, um Chancengleichheit für alle Schüler zu gewährleisten und qualifizierte Lehrer zu gewinnen und zu halten.
Für viele Schulvorstandsmitglieder war diese Reise eine bereichernde Erfahrung, die viele Möglichkeiten bot, die Struktur, den Lehrplan und die Verwaltung deutscher Schulen kennenzulernen und zu studieren. Der ACG freut sich darauf, die PSBA in ihren Bemühungen zu unterstützen, internationale Bildungsperspektiven zu teilen, um die Bildungsmöglichkeiten für Schüler in Pennsylvania zu erweitern und zu verbessern und weitere Brücken zum deutschen Bundesland Nordrhein-Westfalen zu bauen.