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Vom 9. bis 15. März 2025 besuchte eine 13-köpfige Delegation aus den USA im Rahmen der International Education Study Group der Pennsylvania School Boards Association (PSBA) verschiedene Orte in Nordrhein-Westfalen – darunter Siegen, Düsseldorf, Aachen sowie kleinere Städte zwischen den Stationen. Ziel der Reise war es, Schulträgervertreter:innen und Schulleitungen aus Pennsylvania einen umfassenden Einblick in das deutsche Bildungssystem zu geben: Wie es funktioniert, welche Ergebnisse es erzielt, wie es finanziert wird – und vieles mehr.

Das Projekt verfolgt das Ziel, Anregungen für die mögliche Übertragung deutscher Ansätze zu sammeln und Empfehlungen zu entwickeln, wie Schulbezirke in Pennsylvania ihre Bildungsqualität, organisatorischen Abläufe, Infrastruktur und Schulkultur gezielt verbessern können. Die Mitglieder der Delegation kamen aus ländlichen und vorstädtischen Schulbezirken im gesamten Bundesstaat Pennsylvania.

Das Programm begann in Siegen, einer Stadt mit rund 100.000 Einwohner:innen, etwa 140 Kilometer nördlich von Frankfurt. An der Universität Siegen traf sich die Gruppe am Vormittag mit Vertreter:innen der Fakultät für Mathematik, um zwei Projekte im Bereich Künstliche Intelligenz und MINT-Bildung kennenzulernen. Das Projekt KIMADU unterstützt 10.000 Schüler:innen an 25 weiterführenden Schulen in Nordrhein-Westfalen bei der Integration generativer KI in den Mathematik- und Deutschunterricht. Ziel des Projekts ist es, Unterrichtskonzepte zu entwickeln, die sowohl fachspezifische als auch fächerübergreifende Kompetenzen sowie allgemeine „21st Century Skills“ (OECD) fördern. Zudem sollen Lehrkräfte im Umgang mit KI-Werkzeugen im Regelunterricht beraten werden – insbesondere im Hinblick auf das Potenzial individueller Förderung durch koaktives Lernen mit KI. Um eine neue digitale Kluft zwischen jenen, die KI nutzen können, und jenen, die es nicht können, zu verhindern, braucht es solche Initiativen, die Lehrer:innen und Schüler:innen befähigen, KI nicht nur zu nutzen, sondern selbstbewusst damit umzugehen – als aktive Gestalter:innen, nicht nur als Mitwirkende oder Empfänger:innen.

Darüber hinaus informierte sich die Delegation über ein transatlantisches Authentic-STEM-Projekt, das deutschen und amerikanischen Schüler:innen ermöglicht, in Teams gemeinsam mit Industriepartnern an praxisnahen Herausforderungen zu arbeiten. Ziel ist es, eine Brücke zwischen Mathematik im Unterricht und ihrer Anwendung in der Arbeitswelt zu schlagen. Beide Projekte werden durch das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.

Im Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität informierte sich die Gruppe anschließend über den Aufbau der Lehrkräftebildung in Deutschland. In einem offenen Austausch mit Hochschulverantwortlichen, Dozierenden und Lehramtsstudierenden wurden viele Gemeinsamkeiten mit den Herausforderungen in den USA deutlich – etwa in der Frage, warum sich Menschen für oder gegen den Lehrberuf entscheiden, sowie bei Themen wie Lehrkräftegewinnung und -bindung, berufliche Weiterbildung und der Integration neu zugewanderter Schüler:innen mit geringen Deutschkenntnissen oder anderen Unterstützungsbedarfen.

Am Nachmittag besuchte die Delegation das Städtische Gymnasium Olpe in der Kleinstadt Olpe. Dort erhielten die Teilnehmenden einen ersten Eindruck vom Alltag an einer typischen deutschen weiterführenden Schule. Sie informierten sich über das Kursangebot, die Verwaltungs- und Finanzierungsstruktur der Schule und kamen mit Schüler:innen ins Gespräch, die über ihre Erfahrungen berichteten.

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Am zweiten Tag ihres Aufenthalts besuchte die International Study Group Düsseldorf, die Landeshauptstadt Nordrhein-Westfalens. Auf dem Programm standen Gespräche im Ministerium für Schule und Bildung des Landes NRW sowie ein Besuch im Landtag Nordrhein-Westfalen.

Im Schulministerium erhielt die Delegation einen Überblick über das deutsche duale Ausbildungssystem, das rund 50 % der Absolvent:innen weiterführender Schulen in Deutschland absolvieren. Es kombiniert eine zwei- bis dreijährige theoretische Ausbildung an Berufsschulen mit bezahlter praktischer Arbeit in Betrieben. Darüber hinaus informierte sich die Gruppe über die Maßnahmen des Ministeriums zur Förderung von Integration durch Bildung und Mehrsprachigkeit. In der Überzeugung, dass Vielfalt ein Gewinn für die gesamte Gesellschaft ist und Unterstützung für andere ein zentrales Prinzip sein sollte, hat das Land NRW 5.000 zusätzliche Stellen an Schulen geschaffen, um Teilhabe und Integration gezielt zu fördern. Dies geschieht unter anderem durch interkulturelle Unterrichtsansätze, Schulentwicklung und durchgängige Sprachbildung.

Ein weiteres Highlight war die Teilnahme an einer interaktiven Unterrichtseinheit zur Nutzung von Künstlicher Intelligenz im Klassenzimmer. Das Land NRW hat Leitlinien zur Verwendung von KI im Bildungsbereich entwickelt. Auf der Plattform www.lernen-digital.nrw finden sich zahlreiche Beispiele – darunter ein Kartenset zur Förderung von Schlüsselkompetenzen, praxisnahe Vorlagen für die Planung und Umsetzung von Unterricht in Fremdsprachen sowie Informationen zur Bedeutung grundlegender Fähigkeiten und der sogenannten „4 Cs“: Kommunikation, Kollaboration, Kreativität und Kritisches Denken im Umgang mit KI.

Im Anschluss besuchte die Delegation den Landtag Nordrhein-Westfalen, wo Mitglieder des Schulausschusses sowie der parlamentarischen Gruppe NRW-USA ihre Perspektiven auf aktuelle bildungspolitische Herausforderungen und Lösungsansätze des Landes teilten. Dabei betonten beide Seiten erneut den hohen Wert des länderübergreifenden Austauschs – insbesondere auf Landesebene – um voneinander zu lernen und gemeinsam pragmatische Wege für die Bildung junger Menschen zu finden.

Bei einem anschließenden Abendessen hob die US-amerikanische Generalkonsulin in Düsseldorf die engen wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Nordrhein-Westfalen und Pennsylvania hervor. Sie betonte die vielfältigen Chancen, die Zusammenarbeit in den Bereichen Bildung und Fachkräftesicherung weiter auszubauen – insbesondere durch Programme wie dieses, das zugleich wertvolle Einblicke in das in Deutschland deutlich weiter entwickelte System der beruflichen Bildung ermöglicht.

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Am Mittwoch traf sich die Delegation mit dem Amt für Schule und Bildung der Stadt Düsseldorf, um mehr über die Rollen und Zuständigkeiten von Kommunen und Land in der Schulaufsicht sowie über die Finanzierungsstruktur im Bildungsbereich zu erfahren. In Nordrhein-Westfalen liegt die Verantwortung des Landes bei den sogenannten „inneren Schulangelegenheiten“ – dazu zählen etwa die Lehrpläne sowie die Einstellung von Schulleitungen und Lehrkräften, die als Landesbedienstete angestellt sind. Die Kommunen hingegen sind für die „äußeren Schulangelegenheiten“ zuständig, also für Schulgebäude und Ausstattung, Möbel, Lehrmaterialien, IT-Infrastruktur sowie die Anstellung von Hausmeistern und Verwaltungspersonal.

Am Nachmittag besuchte die Gruppe das Mercedes-Benz Ausbildungszentrum. Dort hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, mit Auszubildenden, Ausbilder:innen und Vertreter:innen der Industrie- und Handelskammer Düsseldorf ins Gespräch zu kommen, um sich ein genaueres Bild vom deutschen dualen Ausbildungssystem zu machen. Die Kammern übernehmen eine zentrale Rolle bei der Koordination, Qualitätssicherung und Organisation der verschiedenen Elemente der Ausbildung. Unternehmen wie Mercedes-Benz bieten Tausenden von Auszubildenden bezahlte, praxisorientierte Ausbildungsplätze an, die durch den Besuch von Berufsschulen ergänzt werden, in denen die theoretischen Inhalte vermittelt werden.

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Am Donnerstag besuchte die Delegation sowohl die Hauptschule als auch das Gymnasium in Korschenbroich. Dort nahmen die Teilnehmenden an Unterrichtsstunden teil, informierten sich über das Kursangebot und kamen in kleinen Gesprächsrunden mit Schüler:innen ins Gespräch. Der Bürgermeister von Korschenbroich begrüßte die Gruppe persönlich und betonte den Wunsch nach mehr Austausch auf lokaler Ebene, um Schüler:innen internationale Perspektiven zu eröffnen und die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA weiter zu stärken.

In der Regel schließen Schüler:innen der Hauptschule ihre Schulzeit mit 15 oder 16 Jahren ab und beginnen anschließend eine zwei- bis dreijährige Berufsausbildung. Absolvent:innen des Gymnasiums hingegen erwerben das Abitur, das ihnen den Zugang zu einer Universität ermöglicht.

Am Nachmittag besuchte die Delegation die Gustav-Heinemann-Gesamtschule in Alsdorf, wo sie sich mit der Schulleitung und Schüler:innen austauschte. Im Mittelpunkt stand die Frage, wie die Schule Bildungsangebote schafft, die es allen Lernenden ermöglichen, ihr individuelles Potenzial zu entfalten – unter anderem durch spezielle Sprachförderprogramme, inklusive Strukturen für Schüler:innen mit besonderen Bedürfnissen und Möglichkeiten zum internationalen Austausch.

Das Modell der Gesamtschule wurde vor etwa 50 Jahren in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Ziel war es, mehr Chancengleichheit und Bildungsgerechtigkeit zu schaffen – durch ein gemeinsames Schulsystem für alle Schüler:innen, das die traditionelle Dreigliedrigkeit von Hauptschule, Realschule und Gymnasium in einem integrativen Ansatz vereint.

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Am Freitag endete das Programm der Delegation mit mehreren eindrucksvollen Besuchen in Aachen. An der Städtischen Gemeinschaftsgrundschule Malmedyer Straße informierten sich die Teilnehmenden über das Konzept des „Gemeinsamen Lernens“, mit dem Schüler:innen mit sonderpädagogischem Förderbedarf gezielt unterstützt werden. Zudem wurde erklärt, wie in der vierten Klasse die Weichen für den weiteren Bildungsweg in einem der vier weiterführenden Schulmodelle gestellt werden und welche Rolle Eltern bei schulischen Aktivitäten spielen. Weitere Themen waren die Gestaltung des Unterrichts in der Grundschule – insbesondere in den Bereichen digitale Bildung, Bildung für nachhaltige Entwicklung, interkulturelle und demokratische Bildung, gendersensible Pädagogik sowie kulturelle Bildung.

Ein besonderes Highlight war die Teilnahme an einer Musikstunde sowie der Austausch mit Drittklässler:innen im Englischunterricht.

Anschließend besuchte die Delegation das Zentrum für schulpraktische Lehrerausbildung in Aachen. Dort konnten sie mit Lehramtsanwärter:innen sprechen, die ihre 18-monatige schulpraktische Ausbildung an verschiedenen Schulformen absolvieren. Die Gruppe erhielt Einblicke in die Ausbildung zukünftiger Lehrkräfte, insbesondere in den sogenannten „Digital Maker Place“ des Zentrums. Dabei wurde auch das Grundverständnis der Lehrkräftebildung in NRW deutlich, das eine fundierte Verankerung demokratischer Prinzipien einschließt. Der sogenannte Vorbereitungsdienst stellt die abschließende praktische Ausbildungsphase für das Lehramt nach dem Universitätsstudium dar. Er findet an einem der 33 Zentren für schulpraktische Lehrerausbildung in NRW statt – so wie dem in Aachen.

Zum Abschluss des Programms besuchte die Delegation das Euregionale Medienzentrum Aachen. Dort erlebten sie, wie Virtual-Reality-Technologien im Unterricht eingesetzt werden, und erhielten Einblick in die umfangreichen Ressourcen, die Lehrkräften in Nordrhein-Westfalen zu den Themen KI, VR und digitale Medien zur Verfügung stehen. Das Zentrum betreibt eine umfassende Online-Mediathek, auf die Lehrkräfte jederzeit zugreifen können. Zudem bietet das MediaLab Beratung für pädagogische Fachkräfte, ein voll ausgestattetes digitales Klassenzimmer sowie einen Beratungsraum, in dem neue Technologien ausprobiert und ausgeliehen werden können – ganz ohne Einschränkungen.

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Der American Council on Germany bedankt sich herzlich bei allen Gastgeber:innen, die die Delegation im Laufe der Woche mit großer Offenheit empfangen haben und die den Austausch mit Freude gestaltet sowie Ideen für eine zukünftige Zusammenarbeit zwischen Bildungsakteur:innen in Nordrhein-Westfalen und Pennsylvania eingebracht haben. Ein besonderer Dank gilt Barbara Richter und ihren Kolleg:innen im Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen für ihre umfassende Unterstützung während der gesamten Reise.

Die Studienreise wurde im Rahmen eines dreijährigen Memorandum of Understanding zwischen dem nordrhein-westfälischen Schulministerium und der Pennsylvania School Boards Association (PSBA) organisiert – mit Unterstützung des American Council on Germany. Ziel der Kooperation ist es, den Austausch von Menschen und Wissen zu vertiefen, bewährte Praktiken zu teilen, Beziehungen aufzubauen und gemeinsam Empfehlungen für Strategien in der Bildungsadministration zu entwickeln.

Die Verbindung zwischen Pennsylvania und Nordrhein-Westfalen reicht weit zurück – bis ins Jahr 1683, als die ersten deutschen Auswanderer aus Krefeld nach Pennsylvania kamen. Heute sind beide Bundesstaaten als „Sister States“ offiziell partnerschaftlich verbunden.

Mehrere Teilnehmende dieser Reise, von denen einige zum ersten Mal außerhalb der Vereinigten Staaten unterwegs waren, berichteten von wertvollen Erkenntnissen, die sie in ihre Schulbezirke mitnehmen möchten. Sie äußerten zudem den Wunsch nach einer fortlaufenden Zusammenarbeit mit deutschen Kolleg:innen und sprachen sich für den Aufbau weiterer Austauschprogramme für Schüler:innen, Lehrkräfte und Schulverantwortliche aus.

Der American Council on Germany freut sich darauf, die PSBA auch weiterhin dabei zu unterstützen, internationale Perspektiven in das Bildungssystem Pennsylvanias einzubringen – und die Brücke nach Nordrhein-Westfalen weiter zu stärken.

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