Verwaltungsmodernisierung und -digitalisierung
Nach einem Auftaktbriefing in der Botschaft in Washington D.C. traf Staatssekretär Dr. Günnewig sich mit Vertretern der Partnership for Public Service – einer führenden Nichtregierungsorganisation, die das Ziel der Modernisierung der öffentlichen Verwaltung verfolgt. „Der öffentliche Dienst muss zunehmend umfangreichere und komplexere Aufgaben mit gleichbleibenden und zum Teil abnehmenden Personalressourcen erfüllen“, darüber bestand Einigkeit. „Der Einsatz moderner Technologien kann hier Abhilfe schaffen“, so Dr. Günnewig. Ferner seien Strategien zur Gewinnung und Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden zu entwickeln und umzusetzen.
Chancen der Nutzung von künstlicher Intelligenz (KI) in öffentlichen Verwaltungen standen im Mittelpunkt von Gesprächen mit Vertreterinnen und Vertretern von Google und Deloitte. „Im Rahmen von KONSENS, der gemeinsamen Softwareentwicklung der Länder im Schulterschluss mit dem Bund sowie im Rahmen der Digitalisierungsaktivitäten in der nordrhein-westfälischen Finanzverwaltung prüfen wir Potentiale dieser Technologie“, so Dr. Günnewig. Es gehe darum, Steuergerechtigkeit unter einem möglichst effizienten und effektiven Ressourceneinsatz zu gewährleisten.
In den Gesprächen beim Internal Revenue Service (IRS) in Washington D.C., der Bundessteuerbehörde der Vereinigten Staaten, ging es ebenfalls um die digitale Transformation der Steuerverwaltungen mit interessanten Erkenntnissen: „Die Herausforderungen der Digitalisierung sind beim IRS und der Finanzverwaltung der Länder ähnlich: bestehende Systeme im laufenden Betrieb nach und nach modernisieren, neue IT-Architekturen implementieren und Chancen technologischer Innovationen einsetzen“, erläuterte Staatssekretär Dr. Günnewig.
Themen des nordrhein-westfälischen Treasury
In Washington D.C. traf Staatssekretär Dr. Günnewig u.a. Michael Krake, Exekutivdirektor der Weltbank, zum Austausch, insbesondere über globale Trends, z.B. im Bereich der Finanzierung von Staaten, und die Inflationsentwicklung. In dem anschließenden Gespräch mit Dr. Joerg Stephan, Exekutivdirektor des Internationalen Währungsfonds, wurde die weltweite Staatsverschuldung thematisiert.
Im Tower der Bank of America in New York tauschte sich Staatssekretär Dr. Günnewig mit Vorstandsmitglied James B. Quigley insbesondere über wirtschaftliche Entwicklungen und deren Auswirkungen auf die Arbeit der Bank sowie über Investitionen in Nachhaltigkeitsvorhaben aus. Zudem erhielt er wertvolle Einblicke in den amerikanischen Kapitalmarkt und die sich ausbildenden Strömungen und Tendenzen. „Diese Innenansichten sind für das Treasury des Landes Nordrhein-Westfalen als regelmäßigen Emittenten von Anleihen in US-Dollar (USD) sehr hilfreich, um sich auch künftig im Rahmen seiner diversifizierenden Fundingstrategie erfolgreich im USD-Markt behaupten zu können“, erläuterte Dr. Günnewig.
Ferner fanden in der Repräsentanz der Deutschen Bundesbank in New York Gespräche mit einem dortigen Vertreter sowie mit Vertretern der Helaba, der Nord LB und der Commerzbank statt. Themen waren Markteinschätzungen, Herausforderungen für öffentliche Emittenten, Entwicklungen im Bereich „Sustainable Finance“ und die Finanzierung der Transformation. Zudem wurde der Inflation Reduction Act und dessen Auswirkungen auch auf deutsche und europäische Unternehmen thematisiert. „Es war sehr interessant und hilfreich, die internationale Perspektive deutscher Banken am Standort New York in Bezug auf diese Themen kennenzulernen“, so Staatssekretär Dr. Günnewig.
Internationale Fragen des Steuerrechts, Steuerpolitik und Bekämpfung von Finanzkriminalität
Im Gespräch mit Vertretern des Joint Committee on Taxation (JCT) ging es v.a. um digitaltaugliche Gesetze. Das JCT ist ein gemeinsamer Ausschuss des US-Kongresses, der Steuergesetze und -vorschläge sowie deren Auswirkungen auf Regierung, Privatsektor und Gesellschaft analysiert und sich mit Möglichkeiten befasst, die Steuergesetzgebung einfacher zu gestalten. Ein solches Vorgehen hält Dr. Günnewig auch in Deutschland für sinnvoll: „Gesetze sollten auf Bundesebene digitaltauglich werden. Dies wäre wirtschaftlicher und bürokratieärmer, da die Software und die Prozesse der Finanzverwaltung weniger aufwändig an gesetzliche Änderungen angepasst werden müssten. Die Implementationskosten sind ein relevanter Aspekt bei der Gesetzgebung und sollten möglichst berücksichtigt werden.“
Im US Department of the Treasury (USDT) in Washington D.C. sprach Dr. Günnewig mit Isaac Wood, Berater im International Tax Policy Office, über die globale Mindestbesteuerung und Grundsatzfragen des Steuerrechts. Mit Dennis Kihm, Financial Crimes Enforcement Network (FinCEN), erfolgte ein Austausch über die Bekämpfung von Finanzkriminalität und Geldwäsche. Staatssekretär Dr. Günnewig stellte in diesem Zusammenhang das geplante Landesamt zur Bekämpfung der Finanzkriminalität Nordrhein-Westfalen (LBF NRW) vor: „Ziel der Gründung ist unter anderem unsere Strukturen und Prozesse so aufzustellen, dass wir auf sich verändernde Organisationsformen und Vorgehensweisen der nationalen und internationalen Kriminellen flexibel, entschieden und schnell reagieren können.“
Die Bekämpfung von Finanzkriminalität und Geldwäsche war auch Gegenstand des Gesprächs mit Kevin Puvalowski, Senior Deputy Superintendent für den Bereich Consumer Protection and Financial Enforcement Division (CPFED), im New York State Department of Financial Services (DFS). Die CPFED ist zuständig für den Schutz von Verbrauchern in Finanzangelegenheiten. Zu ihren Aufgaben gehört die Überwachung und Durchsetzung von Gesetzen und Vorschriften, die darauf abzielen, Verbraucher vor betrügerischen, irreführenden oder rechtswidrigen Praktiken im Finanzsektor zu schützen.
Auch im Rahmen des Austausches mit Delphine Schantz, Direktorin des United Nations Office on Drugs and Crime (UNODC), bei den Vereinten Nationen (VN) in New York war die Bekämpfung von Finanzkriminalität und Geldwäsche ein zentrales Thema.
Zusammenarbeit mit New Jersey
In Trenton traf Staatssekretär Dr. Günnewig den Governor von New Jersey, Phil Murphy, der von 2009 bis 2013 der von Präsident Obama ernannte Botschafter der Vereinigten Staaten von Amerika in Deutschland war. Mit etwa neun Millionen Menschen ist New Jersey der elftgrößte Staat der USA und u.a. US-Standort von Miele. Ähnlich wie Nordrhein-Westfalen ist New Jersey in den Bereichen Gesundheitswesen sowie Pharmazeutika und Biowissenschaften besonders stark. Gegenstand des Austausches waren v.a. die Themen „generationengerechter Haushalt“ und „Nachhaltigkeitsanleihen“.
Diese Themen vertiefte Staatssekretär Dr. Günnewig in dem anschließenden Gespräch mit State Treasurer Elizabeth Maher Muoio. Er warb für das Konzept der Nachhaltigkeitsanleihen. Maher Muoio berichtete, dass New Jersey bislang zwei Nachhaltigkeitsanleihen am US-Markt platziert habe. „Die nordrhein-westfälischen Erfahrungen von mittlerweile zehn Nachhaltigkeitsanleihen stießen auf großes Interesse“, berichtete Dr. Günnewig. Der weitere Austausch erstreckte sich auf die zunehmende Einbindung von ESG-Themen (Environmental, Social and Governance) in die Portfolios der öffentlichen Finanzen sowie die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Wirtschafts- und Geldpolitik sowie die spezifischen Herausforderungen der Leitzinserhöhungen.
Klimawandel und Finanzierungsfragen
Mit Vertretern der DC Green Bank tauschte Staatssekretär Dr. Günnewig sich über die Rolle der Finanzmärkte für die „grüne“ Transformation aus. Die DC Green Bank ist ein Finanzinstitut, das vom District of Columbia gegründet wurde, um das Wachstum von Projekten für „saubere“ Energie und Energieeffizienz zu unterstützen. Im Fokus des Gespräches standen nachhaltige Anleihen und die Förderung der Transformation. Die nordrhein-westfälische Rolle erläuterte Dr. Günnewig wie folgt: „Nordrhein-Westfalen ist mit zehn Nachhaltigkeitsanleihen einer der größten Emittenten nachhaltiger Anleiheprodukte. Das Land wurde für seine Nachhaltigkeitsanleihen bereits mehrfach mit Preisen ausgezeichnet.“
Im virtuellen Gespräch mit Chief Climate Risk Officer Dr. Yue Chen aus dem Office of the Comptroller of the Currency (OCC) in New York wurden Fragen des Klimaschutzes, der Klimafolgen und der Nachhaltigkeit angesprochen. Die Hauptaufgabe des 2021 gegründeten Office of Climate Risk (OCR) besteht darin, die Auswirkungen des Klimawandels auf den Bankensektor zu bewerten und Risiken im Zusammenhang mit dem Klimawandel zu identifizieren. Das Büro arbeitet an der Entwicklung und Implementierung von Richtlinien und Standards, die Banken unterstützen, Klimarisiken in ihre Risikomanagement-Strategien einzubeziehen und effektiv zu managen.
Präsenz deutscher Universitäten in New York
Im deutschen Haus sprach Staatssekretär Dr. Günnewig mit den Vertreterinnen nordrhein-westfälischer Universitäten (University Alliance Ruhr, Universität zu Köln, Campus Ostwestfalen-Lippe New York) über internationale Wissenschaftskooperationen, deren Finanzierung und das NRW-USA-Jahr.